Die Entstehung der Pfarre Neuottakring
Die
Pläne zur Errichtung einer neuen Ottakringer Pfarrkirche reichen
bis in das Jahr 1848 zurück.
Als Franziska Brüssel im Jahr 1855 starb und 18.000 fl (Gulden)
hinterließ, initiierte sie damit die Gründung des Ottakringer
Kirchenbauvereins. Erst 1880 gelang es dem Kirchenbauverein, weitere
Mittel zur Errichtung des Gotteshauses aufzubringen. Auch die staatlichen
Stellen standen plötzlich wohlwollend hinter dem Projekt, hatten
sich doch Kaiser Franz Josef I. und Kronprinz Rudolf in die Reihe
der Spender gestellt. Letzterer hatte auch das Protektorat über
den Kirchenbauverein übernommen. Trotzdem konnte der Bau aus
Geldmangel noch nicht in Angriff genommen werden. Der Selbstmord
des Kronprinzen am 30. Jänner 1889 machte die Pläne zunichte,
eine Rudolfskirche zu bauen.
Vermutlich entschied man sich daraufhin, diese Kirche der Heiligen
Familie zu weihen. Sie war somit die erste Familienkirche Wiens.
(Das Patrozinium der Heiligen Familie wurde damals Anfang Jänner
begangen, heute am letzten Sonntag im Dezember.) Die 1892 erfolgte
Eingemeindung der westlichen Vororte Wiens verlieh dem Projekt neue
Dynamik. 1894 gelang es unter dem Protektorat des Reichsratsabgeordneten
Prinz Alois von und zu Liechtenstein, das Bauvorhaben zu realisieren.
Mit den Planungsarbeiten wurden die Architekten k. k. Baurath Alexander
von Wielemans und Theodor Reuter betraut. Die Bauarbeiten übernahm
k. k. Hofbaumeister Josef Schmalzhofer. Diese begannen am 5. Mai,
die Grundsteinlegung erfolgte durch Kaiser Franz Josef I. am 2.
Oktober desselben Jahres.
Die Zeit drängte, sollte die Kirche doch bereits vier Jahre
später, anläßlich des 50. Regierungsjubiläums
des Monarchen, vollendet sein. Die ursprünglichen Baukosten
von 300.000 fl (lt. Kostenvoranschlag von 1893) wurden weit überschritten.
Die Fertigstellung kostete, obwohl viele Abstriche erfolgten, 369.000
fl. Da die Kassen des Kirchenbauvereins bis dahin schon völlig
leer waren, wurde das letzte Drittel des Auftragsvolumens nur mehr
an Firmen vergeben, die sich bereit erklärten, die ausstehenden
Zahlungen auf unbestimmte Zeit zu stunden.
Die Weihe der Kirche erfolgte am Donnerstag, dem 6. Oktober 1898
um 6 Uhr früh durch Weihbischof Dr. Johann Baptist Schneider
und dauerte etwa dreieinhalb Stunden. Die erste Heilige Messe wurde
am selben Tag um 10 Uhr von Kardinal Fürsterzbischof Dr. Anton
Joseph Gruscha unter Anwesenheit Kaiser Franz Josefs zelebriert,
obwohl Kaiserin Elisabeth zuvor am 10. September 1898 in Genf ermordet
worden und die Hoftrauer noch nicht beendet war. Wie bei der Grundsteinlegung
waren wieder die Straßen geschmückt. Selbst die Mariahilferstraße
und der Neubaugürtel waren beflaggt. In der Wattgasse standen
zusätzlich beiderseits bis zum Kirchenplatz 40 hochragende
Mastbäume, um die sich Reisiggirlanden schlangen und von denen
Fahnen in den Reichs, Landes und Stadtfarben wehten.
Die Kirche war ebenfalls mit Reisig und Fahnen geschmückt,
alles aber mit schwarzem Trauerflor versehen.
Bis Ende 1899 konnte auch der Pfarrhof fertiggestellt werden.
Die Kosten beliefen sich hier auf 105.000 Kr (1 Gulden = 2 Kronen).
In der Folge wurde der Pfarrhofgarten verkauft, um wenigstens einen
Teil der Schulden abzudecken. Nachdem auch bereits die ersten Klagen
auf Zahlung gegen den Verein erhoben wurden, konnte auf Grund eines
einmaligen Gnadenerlasses eine zusätzliche Zuwendung von 260.000
Kr aus dem Stammvermögen des niederösterreichischen Religionsfonds
erwirkt werden, um den Kirchenbauverein vor dem Konkurs zu retten.
Als Gegenleistung übertrug er die beiden Gebäude in das
Eigentum der Kirche, womit der Zweck des Vereins erfüllt war.
Alexander Wielemans, Edler von Monteforte (*4.2.1843, Wien, 7.10.1911,
Dornbach in Kärnten) Wielemans studierte an der Wiener Akademie
bei van der Nüll, v. Siccardsburg und Dombaumeister Friedrich
von Schmidt (Rathaus in Wien), in dessen Atelier er auch bis 1874
tätig war.1888 wird der mittlerweile zum Oberbaurat ernannte Wielemans zum
Ehrenmitglied der Akademie. Teilweise gemeinsam mit seinem Studienkollegen
Theodor Reuter zeichnet Wielemans für repräsentative historische
Bauten in öffentlichem Auftrag (z. B. Justizpalast und Breitenfelder
Kirche in Wien, Grazer Rathaus) verantwortlich.
Theodor Reuter (*9.3.1837, Wien, 1.2.1902, Wien)
Reuter, Schüler Friedrich Schmidts, wurde als Baurat 1894 Mitglied
der Wiener Baudeputation und leitete als Baudirektor der österreichischen
Gesellschaft für Kurorte die Arbeiten an den Kurgebäuden
in Oberösterreich, Böhmen und Südtirol. In Zusammenhang
mit Alexander von Wielemans gestaltete Reuter große öffentliche
Bauten wie das Grazer Rathaus (Umbau).
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