Karwoche
Die Karwoche – auch Heilige Woche genannt – ist die geistlich intensivste Zeit im Kirchenjahr. Sie führt die Gläubigen durch das Leiden, Sterben und Begräbnis Jesu Christi hin zur Auferstehung an Ostern. In diesen Tagen entfaltet sich die Liturgie mit besonderer Tiefe und Symbolkraft. Insbesondere Gründonnerstag, Karfreitag und die Grabwache laden dazu ein, das Heilsgeheimnis Christi existenziell mitzuvollziehen.
Gründonnerstag: Die Fußwaschung und das Vermächtnis der Liebe
Am Gründonnerstag gedenkt die Kirche des letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern. In der Feier der Heiligen Messe vom Letzten Abendmahl wird die Einsetzung der Eucharistie und des Priesteramtes gefeiert. Doch im Mittelpunkt steht ein tief bewegendes Zeichen: die Fußwaschung (Joh 13,1–15).
Jesus, der Meister und Herr, beugt sich nieder und wäscht seinen Jüngern die Füße.
Dies ist kein Akt der Demütigung, sondern der radikalen Liebe.
Die Liturgie führt dies eindrucksvoll vor Augen: Der Zelebrant wäscht Gläubigen die Füße – ein Zeichen für die christliche Berufung zum Dienen statt Herrschen, zur Liebe statt Macht.
Mit dem feierlichen Gloria, das zum letzten Mal bis zur Osternacht erklingt, beginnt eine liturgische Stille, die bis zur Auferstehung andauert. Nach der Messe wird das Allerheiligste zur Anbetung übertragen – Christus zieht sich zurück in die Nacht von Gethsemane. Die Kirche bleibt wachend mit ihm.
Karfreitag: Kreuzerhöhung und Mit-Leiden
Der Karfreitag ist ein stiller, ernster Tag. Keine Messe wird gefeiert – denn Christus, das lebendige Opfer, stirbt heute für uns. Die Liturgie vom Leiden und Sterben Christi besteht aus drei Teilen:
1. Wortgottesdienst mit der Passionslesung (Johannes 18–19)
2. Kreuzverehrung – die feierliche Erhöhung des Kreuzes
3. Große Fürbitten für die ganze Welt
Bei der Kreuzverehrung hören wir die Worte:
„Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen.“
Und wir antworten: „Kommt, lasset uns anbeten.“
Das Kreuz wird erhoben, nicht als Symbol der Niederlage, sondern als Zeichen des Sieges der Liebe. In der Liturgie wird es dreifach enthüllt – ein Zeichen für das wachsende Licht mitten in der Finsternis. Die Gläubigen knien nieder, küssen oder berühren das Kreuz – ein Akt der persönlichen Hingabe und des Mit-Leidens mit Christus.
Am Ende der Feier wird der Leib Christi still in das „Grab“ übertragen. Dort beginnt die Grabwache – eine Zeit des Gebets und der inneren Sammlung.
Grabwache: Erwartung im Schweigen
Die Grabwache am Karfreitagabend und Karsamstag ist geprägt vom Schweigen. Der Altar ist entblößt, die Kirche kahl – das Licht scheint verloschen. Die Gläubigen verweilen beim „Grab Christi“, oft in Form eines geschmückten Seitenaltars mit dem Allerheiligsten. In manchen Gemeinden findet eine nächtliche Anbetung statt – wie die Jünger in Gethsemane sind wir gerufen, mit Christus zu wachen.
Diese stille Zeit ist kein bloßes Warten, sondern eine Zeit der Hoffnung, der Erwartung der Auferstehung. Die Liturgie schweigt – aber das Herz betet.
Fazit
Die Liturgie der Karwoche ist keine bloße Erinnerung, sondern ein heiliges Mitleben mit dem Erlösungsweg Christi.
- Am Gründonnerstag lernen wir die dienende Liebe.
- Am Karfreitag begegnen wir dem Kreuz in Ehrfurcht und Demut.
- In der Grabwache lernen wir, was es heißt, zu hoffen im Dunkel.
Diese Tage formen unser Herz und führen uns zum Osterlicht, das nicht aus der Welt genommen werden kann – denn es ist durch das Kreuz hindurchgegangen.
„Durch dein heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst, o Herr.“